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Fahrerassistenzsysteme und Auswirkungen auf Versicherungsschutz

am Privat KFZ

Hinter Pkw-Windschutzscheiben befinden sich zahlreiche Sensoren und Kameras, ohne die die vorhandenen Fahrassistenzsysteme nicht funktionieren würden. Tendenz steigend. Beim Austausch der Windschutzscheibe ist in den meisten Pkws eine Kalibrierung dieser Systeme erforderlich, die viele Werkstätten noch gar nicht leisten können. Dies kann für den Pkw-Fahrer und den Kfz-Versicherer weitreichende Folgen haben.

Hinter Pkw-Windschutzscheiben befinden sich zahlreiche Sensoren und Kameras, ohne die die vorhandenen Fahrassistenzsysteme nicht funktionieren würden. Tendenz steigend. Beim Austausch der Windschutzscheibe ist in den meisten Pkws eine Kalibrierung dieser Systeme erforderlich, die viele Werkstätten noch gar nicht leisten können. Dies kann für den Pkw-Fahrer und den Kfz-Versicherer weitreichende Folgen haben.

Viele Assistenzsysteme wie automatische Geschwindigkeitskontrolle mit aktivem Abstandhalter, autonomer Notbremsassistent, Spurhalteassistent, Einparkhilfe, automatische Erkennung von Verkehrszeichen sind in Autos verbaut, deren sensor- und kamerabasierte Systeme oft direkt hinter der Windschutzscheibe montiert sind. Aufgrund Glasbruch ist eine zeit- und kostenaufwendige Neukalibrierung meistens notwendig, die nur Fachwerkstätten leisten können, um Fehlfunktionen der Systeme und damit eine Unfallgefahr zu vermeiden.

Wenn eine Werkstatt die Kalibrierung nicht vornimmt und es in der Folge, da Fahrerassistenzsysteme direkt auf das Brems- und Lenkverhalten einwirken, zu einem Unfall kommt, muss die Kfz-Werkstatt aufgrund des mit dem Kunden geschlossenen Werkvertrages die Reparaturen ordnungsgemäß durchführen. Wenn dies nicht ordnungsgemäß erfolgt und es dadurch zu einem Schaden kommt, haftet die Werkstatt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn den Kfz-Fahrer/ -Halter ein sog. Mitverschulden trifft. Inwieweit ein unkundiger Laie aber erkennen kann, ob nach dem Austausch einer Windschutzscheibe eine Neukalibrierung der Fahrerassistenzsysteme tatsächlich stattgefunden hat, lässt sich kaum beurteilen. Beim Anspruch wegen Pflichtverletzung des Werkstattvertrages müsse sich die Werkstatt vom Vorwurf eines schuldhaften Verhaltens entlasten. Da es sich um eine sog. Beweislastumkehr handelt, muss daher grundsätzlich nicht der Geschädigte darlegen und beweisen, dass die Werkstatt schuldhaft keine Kalibrierung vorgenommen hat. Anstelle dessen muss die Werkstatt selbst darlegen und beweisen, dass sie kein Verschulden trifft, sie also weder vorsätzlich noch fahrlässig fehlerhaft gearbeitet hat. Werkstätten sollten daher, entsprechende Reparaturnachweise, die ggf. durch die Kalibrierungssysteme automatisch selbst erstellt werden, archivieren, um sie bei Bedarf vorlegen zu können.

Für den Fahrer bzw. Halter ist der Beweis wichtig, dass das defekte Fahrerassistenzsystem ursächlich für den Unfall war: Möglich ist das, durch Benennung von Zeugen, dass die Systeme nicht ordnungsgemäß gearbeitet haben. Hierbei ist z.B. an einen Beifahrer zu denken, der zum Unfallzeitpunkt im Fahrzeug war und bezeugen kann, dass z.B. der Spurhalterassistent nicht ordnungsgemäß funktioniert hat. Ferner gäbe es noch die Möglichkeit, einen Gutachter hinzuzuziehen, der analysiert, ob das fehlerhafte Assistenzsystem ursächlich für den Unfall war – und eben kein anderweitiges menschliches Fehlverhalten oder andere Umstände.

Die spannende Frage ist, ob ggf. ein Versicherer haftet, wenn z.B. nach einem Unfall die Assistenzsysteme von einer Werkstatt nicht ordnungsgemäß kalibriert wurden und es deshalb zu einem Unfall gekommen ist.

Möglich wäre das, wenn der Versicherer eine Werkstatt empfohlen hat, obwohl ihr bekannt war, dass diese Werkstatt in der Vergangenheit nicht fehlerfrei gearbeitet hat. Dies wäre eine Verletzung von Schutzpflichten des Versicherers. Problematisch ist, wenn es sich um einen Kfz-Vertrag mit Werkstattbindung handelt. Da der Versicherungsnehmer bei der Auswahl der Werkstatt keine Wahl hat, ist der Fall so zu behandeln, als würde der Versicherer die Reparatur selbst schulden (sog. Naturalrestitution) bzw. die Werkstatt selbst beauftragen. Vom Grundsatz her ist die Haftungssituation bei einem vereinbarten Werkstatttarif keine andere als bei einem ‚Normaltarif’. Kommt es beim Scheibenaustausche aufgrund einer nachweisbar nicht oder nicht fachgerecht durchgeführten Kalibrierung zu einem Schadenfall, hat der Kunde einzig und allein Ansprüche gegen seine Werkstatt als seinem Vertragspartner auf Basis des bestehenden Werkvertrags.

Aktuell wurde dieser Fall noch nicht gerichtlich entschieden. Wahrscheinlich ist, dass der Fall der Werkstattbindung so zu behandeln ist, als schulde der Versicherer ausnahmsweise Naturalrestitution. Der Versicherer bedient sich der Werkstatt, um seine eigene Reparaturpflicht zu erfüllen. Deshalb muss er sich gerade das Verhalten der Werkstatt als Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen. Daher haftet der Versicherer aber nur nach § 280 BGB in Verbindung mit § 278 BGB, wenn der Erfüllungsgehilfe (d.h. die Werkstatt) schuldhaft (d.h. vorsätzlich oder fahrlässig) gehandelt hat. Auf ein Verschulden des Geschäftsherrn (d.h. des Versicherers) kommt es nicht an Sofern der Versicherer im Streitfall z.B. durch Sachverständigenbeweis nachweisen kann, dass die Werkstatt weder vorsätzlich noch fahrlässig Reparaturpflichten verletzt hat, sind die Voraussetzungen für eine Haftung nicht erfüllt. Die Kalibrierungskosten erhöhen den Reparaturpreis für einen korrekt durchgeführten Scheibenaustausch um ca. 10 %.

Es bleibt abzuwarten, ob aufgrund der teils notwendigen Kalibrierung bei einem Windschutzscheiben-Tausch mit einer Erhöhung der Teilkaskoprämien zu rechnen ist.